„Eine demokratische Schulkultur ist kein Luxus, sondern Demokratie in der Schule ist der Ernstfall und sie steht im Zentrum der Aufgaben, die Schule zu erfüllen hat.“ Wolfgang Edelstein

Die Klassenratsinitiative
Die Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, den Klassenrat in Berlin und Brandenburg so bekannt zu machen, dass alle Schulen dieses wertvolle Demokratietool in ihrem Schulprogramm verankern. Diese Möglichkeit der Mitbestimmung ist der erste Schritt, um in der Schule mehr Beteiligung von Schülerinnen und Schülern zu erreichen. Das wichtigste dabei ist, dass sie das selbst tun können. Ein Ziel der Initiative war und ist, den Klassenrat in den Sekundarschulen bekannt zu machen und an möglichst vielen Schulen beginnend mit der 7. Jahrgangsstufe einzuführen und weiter zu entwickeln. Mit dem Motto „Wir sind klasse!“ will die Klassenratsinitiative Berlin-Brandenburg aufmerksam machen, dass der Klassenrat den Fokus nicht ausschließlich auf das Selbstverständnis der Teilhabe von Schüler*innen richtet. In unserem demokratiepädagogischen Selbstverständnis wird durch den Klassenrat die Ich-Stärkung, die Selbstwirksamkeit und die Verantwortungsübernahme gestärkt. Gleichzeitig sollen Ansätze hin zu einer diskriminierungskritischen, diversitätsbewussten Lern- und Schulkultur im Verbund mit der SV „angestoßen“ werden.

„Im Klassenrat wird jede Stimme gehört, jede Stimme zählt!“

Der Start in 2011
Die Klassenratsinitiative ist ein Projekt des DeGeDe-Landesverbands Berlin-Brandenburg. Sie wurde im Rahmen eines DeGeDe-Stammtisches im Frühjahr 2011 ins Leben gerufen. Erklärte Absicht ist, dass diese Initiative sich im besonderen Maße an die Schulen der Sekundarstufe richtet, da aus unserer Sicht der Klassenrat in der Grundschule bereits eine Akzeptanz erreicht hat. Auf der Grundlage des wissenschaftlichen Konzeptes von Wolfgang Edelstein wurde gemeinsam mit den damaligen Freiwilligen der DeGeDe und des SV-Bildungswerks ein Implementierungskonzept für Schulen im Sekundarstufenbereich entwickelt: Peers führen das Ritual des Klassenrat bei den Jugendlichen in der Oberschule ein. Seniorpeers arbeiten mit den Pädagog*innen an der Haltung auf Augenhöhe. Voraussetzung war und ist, dass die Lehrkräfte und das pädagogische Fachpersonal eine ganztägige Fortbildung zum Klassenrat absolvieren. Weiterhin sieht das Konzept auch eine einjährige Prozessbegleitung vor, die in der Realität aufgrund nicht zustande gekommener Förderung nur vereinzelt durchgeführt werden konnte. Durch den Morgenkreis wachsen die Kinder in der Grundschule gemeinsam in die Verantwortung des Klassenrats. Die älteren Peers können den jüngeren Schüler*innen dabei helfen in die Rollen zu schlüpfen.

Aktuell ist das Konzept der Initiative so ausgeweitet, dass Trainer*innen er Klassenratsinitiative im Rahmen ihrer Möglichkeiten und den finanziellen Ressourcen der Schulen auch Grundschulen und Willkommensklassen bei der Einführung das Klassenrates unterstützt.

 

Aktivitäten ab 2012

  • Vernetzung von Pädagog*innen mit der DeGeDe und Serviceagentur Ganztägig Lernen Berlin

2012-2014

  • Vernetzung von Lehrkräften und Sozialpädagog*innen durch Initiierung „Runder Tisch Klassenrat“ sowie dem Austausch zu Praxis/Methoden/Fragen in der DKJS
  • Thematischer Runder Tisch: KR und Kinderrechte, im SFBB

Aktivitäten 2013-2014

  • Mehrere ganztägig Einführungsveranstaltungen zur Methode Klassenrat an Oberschulen

ab 2014 Groß-veranstaltung im FEZ

  • Ganztägige Großveranstaltungen 2014 mit dem Konzept: Pädagog*innen und Schüler*innen lernen gemeinsam. Die Bedingung ist, dass sich aus einer Schule der gesamte 7. Jahrgang im Team von Schüler*innen, Lehrkäften und Sozialpädagog*innen anmeldet. Neben der Einführung in den Klassenrat werden alle mit dem demokratisches Sprechen und  Methoden im Klassenrat trainiert. Dies wird im Anschluss in getrennten Gruppen reflektiert: die Pädagog*innen denken über ihre besonderen Rolle im Klassenrat nach und die Schüler*innen nehmen an einem Workshop zu Rhetorik, Feedback, Moderation, Projektplanung, Ideen/Themenfindung, Anerkennung/Lob, Spiele im Klassenrat teil.

ab 2015 jährliches Angebot für Oberschulen

  • Die Großveranstaltung ist komplett ausgebucht, sodass noch mehrere weitere Veranstaltungen durchgeführt werden, damit keine Schule abgewiesen werden muss.

  • Um die Veranstaltungen kompetent durchführen zu können, werden durch die DeGeDe weitere Klassenratstrainer*innen ausgebildet. Das Prinzip der Peereducation ist wirkungsvoll und akzeptiert.

ab 2018 nachhaltige Überführung des Konzeptes in die regionale Fortbildung

  • Die regionale Fortbildung hat das erprobte Konzept der DeGeDe mit Unterstützung der Partner*innen nachhaltig in die Berliner Fortbildungsregionen überführen können.

Der Klassenrat – Wurzeln und Qualität

Der Klassenrat – Wurzeln
Die Wurzeln des Klassenrats liegen in der Freinet-Pädagogik, den Ansätzen der Individualpsychologie und dem Demokratielernen von John Dewey. Die Freinet-Pädagogik setzt auf Selbstorganisation und Eigenverantwortung in einer Klassenversammlung. In diesem Gremium werden Arbeitsergebnisse präsentiert und bewertet. Aber auch Streitpunkte zwischen den Kindern werden angesprochen und gemeinsam nach Lösungen gesucht. Die Individualpsycholog*innen, Rudolf Dreikurs, Bernice B. Grunwald und Floy Ch. Pepper, verstehen den Klassenrat als Beitrag zur Herstellung einer demokratischen Ordnung. Diese Ordnung sei durch Achtung der Würde des Anderen, durch Selbstachtung, durch Teilung der Verantwortung und die Einübung demokratischer Methoden gekennzeichnet.

John Dewey, oft als Begründer der Demokratiepädagogik bezeichnet, beschreibt in seinem Buch „Demokratie und Erziehung,“ das Verhältnis zwischen Demokratie und Erziehung in seiner Laborschule in Chicago. Lernen gelingt nach Dewey nur, wenn es demokratisch verfasst ist: Lernen ist aktives, selbstbestimmtes Handeln und zugleich kooperatives gemeinsames Handeln. Er prägte auch das bekannte Motto „learning by doing.“

Als Stammsymbol sind die Kinderrechte mit dem Bereichen Partizipation, Gleichheit, Schutz und Förderung hervorzuheben, die wiederum die Grundlage der Demokratiepädagogik sind. Wolfgang Edelstein ist in diesem Zusammenhang hervorzuheben. Er hat sich wie kein anderer seit 2005 unermüdlich für die nachhaltige Entwicklung des Klassenrats als demokratiepädagogisches Lernarrangement eingesetzt. Die Klassenratsinitiative Berlin-Brandenburg wurde durch ihn beraten und wissenschaftlich begleitet. Die Bedeutung des Zusammenhangs von Anerkennung, Selbstwirksamkeit und Verantwortungsübernahme wurde von ihm aufgezeigt. Durch dieses pädagogische Wirken wird Partizipation von Kindern und Jugendlichen ermöglicht. Beteiligung ist der erste Schritt hin zu einer demokratieförderlichen Umgebung in der Schule und der Klassenrat ist das Herzstück einer demokratischen Schule. (W. Edelstein: Ressourcen für die Demokratie. Die Funktionen des Klassenrats in einer demokratischen Schulkultur, Berlin 2010) Gemeinsam mit ihm und den Kolleg*innen aus dem Landesverband der DeGeDe Berlin-Brandenburg ist die Handreichung entwickelt worden:  Klassenrat – Herzstück einer demokratischen Schule – Die Einführung für Pädagog*innen.

Qualitätsschritte
Nicht jeder Klassenrat erfüllt den Anspruch, den wir „im Auge“ haben, denn es soll Klassenräte geben, die durch die Lehrkräfte dominiert sind bzw. wo Kinder durch andere Mitschüler*innen beschämt werden. In diesen Fällen werden die Kinderrechte als Grundlage der Klassenratsarbeit negiert. Die Klassenratsinitiative spricht von drei Qualitätsschritten: Klärung von Anliegen und Streitigkeiten, Verantwortung für das eigenen Lernen übernehmen und „last but not least“ Engagement und politische Verantwortung für die Schule und die Gemeinde/ Stadtteil übernehmen.

Qualitätsstandards einer demokratischen Schule
Bildungspolitisch orientiert sich die Initiative „Wir sind Klasse“ und der Klassenrat an den Qualitätsstandards einer demokratischen Schule:

  • Partizipation wird als ein Kinderrecht umgesetzt
  • Inklusion wird ermöglicht und gelebt
  • Achtung demokratischer Werte wird reflektiert
  • Verschiedenheit wird wahrgenommen
  •  Diskriminierung wird sichtbar gemacht und „geächtet“
  • Anerkennung von Vielfalt wird gelernt und eingeübt
  • Diversität wird gelebt
  • Lernkonzepte zur Individualisierung werden aufgespürt und entwickelt
  • Beziehungslernen wird entdeckt
  • Kooperation wird gepflegt

Qualitätsstandards im Klassenrat
Diese Qualitätsstandards werden im Klassenrat nur dann erreicht, wenn sich Schüler*innen und Lehrer* innen mit der Qualität im Klassenrat auseinandersetzen:

  • Welchen Einfluss hat der Klassenrat auf Teilhabe und Mitbestimmung in der Schule?
  • Können Kinder und Jugendliche über die Lerninhalte im Unterricht mitbestimmen?
  • Haben Kinder und Jugendliche einen Einfluss auf die Bewertung ihrer Leistungen?
  • Hat sich das soziale Klima in der Schule verbessert?
  • Wird eine Wertediskussion in der Klasse und in der Schule geführt?
  • Respektieren und schätzen sich alle Kinder und Jugendlichen?
  • Hat sich das Lernklima im Unterricht und in der Schule verändert?